Tagesablauf eines Singwochen-Leiters

Jedes Jahr gegen Ende der sächsischen Sommerferien werde ich vom Kirchenvorstand und von Ihnen als Gemeinde für 10 Tage von meinem Dienst hier vorort befreit, um mich überregional einzubringen und mit Jugendlichen und jungen Erwachsenen aus ganz Sachsen und darüberhinaus musikalisch zu arbeiten.


Doch was machen wir, wenn wir uns im St. Michaelshaus in Roßbach bei Naumburg treffen? Wie sieht ein Tag auf Rüstzeit für einen Leiter aus? Dahinein will ich Ihnen an dieser Stelle gern ein paar Einblicke geben.


Es ist 7 Uhr, der Wecker klingelt – also aufgestanden. Bevor ich ins Bad gehe und mich zurecht mache, schau ich auf die Vorhaben des heutigen Tages. Ich bin heute morgen mit der Andacht dran, also schaue ich die Gedanken (ich schreibe meine Andachten in der Regel schon zuhause) noch einmal an, ändere hier, ergänze dort und suche ein Lied für Anfang und Ende heraus – fertig. Dann ins Bad. Es ist auch schon 7.45 Uhr. Kurz nach 8 gehe ich runter ins Foyer. Dort sitzen schon, mehr verschlafen als wach die ersten Singwochenteilnehmer, die aufs Frühstück warten. Dann, viertel 9 gehen wir in den Speiseraum, ziemlich tief, der Stunde angemessen, wird ein Morgenlied angestimmt und jeder darf sich am reich gedeckten Buffet bedienen. Nach dem Frühstück putze ich schnell noch Zähne und treffe mich mit den anderen auf dem Platz vor der Kirche. Dort startet mein Kollege Johannes Dickert pünklich 9.00 Uhr mit dem ersten Teil von Stimmbildung, mit Übungen zum Atem und zur Luft, der Grundlage allen Singens. 10 Minuten später geht es in die schöne Elisabeth-Kirche hinein. Morgenandacht. Ich war ja dran, stimmt. Also los: Singen, Hören, Beten, Singen. Nach der Andacht laufen wir alle zurück zum Tagungsheim. Dort, im Probenraum angekommen, heißt es: Ist was? Probleme werden besprochen, Fragen gestellt, Ansagen gemacht. Wie läufts heute? Probentag, alles ganz einfach. Nach der Runde gibt’s Stimmbildung Teil 2. Ich bin gleich wieder dran. Auf geht’s. Danach proben wir bis Mittag. Es gibt eine Pause von 15 Minuten. Beim Proben wechseln wir drei Kantoren uns alle 20 Minuten ab. Am Abend wird jeweils ein Plan gemacht, das strukturiert und hilft, dass alle Chorstücke genug Zeit bekommen und zu den Konzerten auch wirklich aufführungsreif sind. Um 12 Uhr rufen uns die Glocken zur Ruhe. Kurz innehalten, dann gehen wir in den Speisesaal und singen „Aller Augen, warten auf dich Herr“ und lassen uns das Essen schmecken. Zwischendurch besprechen wir uns kurz unter den Mitarbeitern: Gibts noch etwas wichtiges anzusagen? Nein, alles klar soweit. Mittagspause bis 15 Uhr, dann weiter. Ich nutze die Zeit für einen Blick ins Geschehen weltweit (in diesem Jahr hat uns der Brand der Kirche Großröhrsdorf beschäftigt) und die E-Mails, die mich auch hier erreichen. Dann schnappe ich mir mein Buch und freue mich, einige Zeit zum Lesen zu haben und dass ich 15 Minuten wegdämmere. Kurzer Schlaf tut gut. Dann auf, vor dem Kaffee noch eine Runde durchs Dorf laufen und um 3 stärken wir uns mit einem Stück Kuchen und einer Tasse Kaffee für den nächsten Probenabschnitt. 15.30 Uhr bis 18.00 Uhr, wie gehabt: Alle 20 Minuten wechseln wir, wir sind gut im Plan – heute läufts hervorragend! Um 6 gibt’s schon wieder essen. Aber so kommt uns das nicht vor. Proben macht hungrig, denn es ist ja auch der ganze Körper beschäftigt und konzentrieren muss man sich dazu. Nach dem Essen gibt’s noch etwas Pause – Zeit, mal Zuhause anzurufen. Dann, 19.00 Uhr, schwingen wir uns auf zur letzten Einheit des Tages. Den Abend nutzen wir oft für Registerproben: Wir teilen unsern Chor durch zwei oder drei und bereiten die neuen Stücke für morgen mit den einzelnen Stimmgruppen vor. Da gibt’s keine Langeweile und das gute Vorankommen für den nächsten Tag ist beinahe garantiert. Bis halb 9 arbeiten wir. Dann genügt es. Kurze Ansage: In 10 Minuten treffen wir uns zur Abendandacht in der Kirche. Dort empfängt mich schon leiser Gesang: Die Jugendlichen stimmen selbst an: Laudate omnes gentes – Lobsingt, ihr Völker alle. Immer wieder, bis alle da sind. Dann Abendandacht vom Kollegen Detlev Küttler. Die Gedanken werden mit auf Reisen genommen. Es wird dunkel. Im angenehmen Abendlicht laufen wir zurück. Ich freue mich auf die ein oder andere schöne Gesprächsrunde. Aber bevor es so richtig locker wird, muss noch der morgige Tag geplant, müssen über letzte Absprachen mit Konzertgemeinden geredet und sich über weitere Höhepunkte wie Spieleabend oder Hausmusikabend beraten werden. Bei uns drei Leitern geht es dann auch langsam über von Besprechung zu entspanntem Gespräch. Aber der Blick auf die Uhr verrät, es ist auch schon kurz vor um 11. Zeit, sich noch einmal unter die jungen Leute zu mischen. Die sind noch voller Leben – an den ersten Singwochentagen merkt man die Anstrengung noch nicht so sehr. Ich weiß: Das wird sich ändern. Der Tag endet, als es im Haus ruhiger wird, ich gegen Mitternacht das Haus abschließe und mein Zimmer aufsuche. Ich will noch ein paar Seiten lesen. Doch nicht nur für die Teilnehmer war der Tag anstrengend, denn mir fallen recht schnell die Augen zu und ich schlafe mit dem guten Gefühl ein, einen Tag voll Musik erlebt und vielen einen ebensolchen bereitet zu haben.


Ich bin meiner Gemeinde dankbar, dass sie mir die Freiheit gibt, einmal im Jahr außerhalb von Zschorlau und dem Erzgebirge zu arbeiten und wir Singwochen-Leiter sind unserem Gott dankbar, dass er diese Singwochenarbeit schon seit mehr als drei Jahrzehnten segnet. Wir vertrauen darauf, dass dieser Segen dann auch ins Land gestreut wird durch junge Menschen, die Gemeinschaft und Glauben und Musik erlebt haben und davon weitergeben.

 

Kantor Andreas Conrad (Komplettfassung des in den KiNa-September in gekürzter Form erschienenen Artikels)